Sensenetiketten
Farbige Etiketten auf dem eigentlichen Sensenblatt machten Sensen zu optisch ansprechenden Markenprodukten.
Eine weitere Art, Sensen zu kennzeichnen, bestand darin, mit Hilfe von Schablonen den Namen des Produkts auf das Sensenblatt aufzutragen. Auf den Schablonen sind Reste der zum Kennzeichnen verwendeten Goldfarbe erhalten.
Mit der Entwicklung des farbigen Massendrucks gingen viele Sensenfabrikanten dazu über, auffällig gestaltete Etiketten auf die Sensenblätter zu kleben.
Augenfällig werben
Durch die kontrastreiche Farbwahl sowie die geschwungene Form fällt das Etikett mit der Aufschrift „Electra“ ins Auge – beste Werbung für die zugehörige Sense. Die Farben Blau, Gold, Rot und Gelb dominieren; in Schwarz und Weiß ist die Schrift gehalten. Das Etikett ist aufwendig gestaltet: In der blaugrundigen Motivmitte ist über dem Namen „Electra“ das von zackigen weißen Blitzen und den goldenen Buchstaben J, C und S umrahmte Firmensignet abgebildet, rechts und links daneben befinden sich goldfarbene Medaillen. Das Motiv wird durch goldgefasste Schriftbänder eingerahmt; die Seiten zieren gelbe Getreideähren, blaue Kornblumen und gelblich-grüne Blütenköpfe auf rotem Grund.
Das Firmensignet zeigt drei Berge, darüber drei Kronen; es gehört Firma Julius Cronenberg in Müschede, Kreis Arnsberg, und ist die Stempelmarke ihres Sophienhammers. Die abgebildeten Medaillen sind Auszeichnungen der Weltausstellung 1894 in Antwerpen (rechts) und der Deutsch-Nordischen Handels- und Industrie-Ausstellung in Lübeck 1895 (links). Sie fungieren als Qualitätssiegel und belegen den internationalen Bekanntheitsgrad des Produkts und auch des Unternehmens. Die Farbe unterstützt diese Aussagen: Gold steht weltweit für Hochwertigkeit und Geldwertigkeit.
Der griechische Frauenname Electra („die Leuchtende“) spielt besonders in Kombination mit den Blitzen deutlich auf die zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch neue Antriebsenergie Elektrizität an. Er weist die Sensenfabrik Julius Cronenberg, die bereits um 1900 elektrifiziert wurde, als technisch hochmodern aus.
Vor der Verpackung und dem Versand der Sensen erfolgte die Etikettierung. Im Mittelalter wurde zur Warenprüfung mit Siegeln gekennzeichnet, später mit angehefteten Papierzetteln, um im überregionalen Warenhandel Betrügereien zu verhindern. Mit neuen Druckverfahren konnten ab 1870 farbige Etiketten massenhaft hergestellt werden, die spätestens ab den 1890er-Jahren auch Eingang in die Sensenfabrikation fanden: Das Sensenblatt wurde mit einem oder mehreren Etiketten beklebt. Hochglanz und Weltläufigkeit, auffällige Farbwahl und Produktname machen aus einem alltäglichen Arbeitsgerät der Land- und Forstwirtschaft ein Markenprodukt.
Literatur
- Fabrikation landwirtschaftlicher stählerner Schneid- und Handgeräte. Dampf- und Wasserkraft. Katalog der Firma Julius Cronenberg, Sophienhammer bei Hüsten (Westfalen). Neheim, Hüsten, Sundern (o. J.).
- Fach, Wolfgang (Hg.): Die ganze Welt ist unser Feld. Reclame-Kunst um 1900 der Ausrüster für das Graphische Gewerbe. Frankfurt a. M. 1985.
- Pieske, Christa: Etiketten. In: Pieske, Christa: Das ABC des Luxuspapiers. Herstellung, Verarbeitung und Gebrauch, 1860 bis 1930 (Schriften des Museums für Deutsche Volkskunde, 9). Berlin 1983, S. 115–122.
- Schulte-Hobein, Jürgen: 140 Jahre am Sophienhammer. Die Entwicklung der Firma Julius Cronenberg oHG und ihre Auswirkungen auf Müschede. Das Familienunternehmen blickt auf eine 300jährige Firmengeschichte zurück. In: Sauerland Nr. 3/2011, S. 136–140.